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New York aufs Dach gestiegen

Frühstück auf der Dachterrasse.

Es ist so wie erhofft: Als Tanja und ich aufwachen sind wir beide gleichermaßen erholt. Es war wohl das beste für Tanja, gestern den Tag im Bett zu bleiben. Dennoch war es nicht leicht für sie bei der Dursicht meiner Fotos zu sehen, wie schön der gestrige Tag – gemeinsam erlebt – hätte werden können. Naja das war gestern und auf unserer Reise liegt ja noch so einiges vor uns, besucht und erlebt werden zu wollen. Außerdem hätte es sie ja auch viel schlimmer treffen können und wäre dann viel länger ausgefallen. So schauen wir erst einmal auf die Uhr und dann in die Frühstückskarte. Tanja fühlt sich zwar noch etwas geschwächt, aber ihr Hunger auf ein Continental Breakfast ist zurückgekehrt: Ein gutes Zeichen. Und ein guter Grund an unserem letzten Morgen im Club Quarters in New York den Kaffee – bzw. den magenschonenden Kamillentee – auf der Dachterrasse des Hotels im 20. Stock zu genießen. Es fühlt sich kurz darauf schon fast etwas VIP-mäßig an, direkt vor einer Glaswand mit Blick auf das 9/11 Memorial und das 1-WTC Platz zu nehmen. Hier gibt es eigentlich nicht viele Plätze, aber trotzdem ist auch hier wieder recht wenig los. Tanja und ich können uns fast einen Platz aussuchen. Wände und Dach der Terrasse sehen so aus als stehen diese hier wohl nur temporär während des Winters. Wände und Dach der Terrasse sehen so aus als stehen diese hier wohl nur temporär während des Winters. Das heißt im Sommer kann man den Morgen hier komplett im Freien verbringen. Jetzt offeriert uns zumindest eine unabgeschlossene Tür den Schritt nach draußen auf ein kleines Teilstück der Terrasse. Wir gestatten uns diesen Besuch an erstaunlich guter und frischer Luft und natürlich ein Frühstück auf welches wir uns ja so gefreut hatten. Durch stetiges Rumgeknippse gaben wir natürlich auch hier schnell unsere Touri-Identität preis was uns aber – ebenfalls wie immer – völlig egal ist. Zu Kräften gekommen besprechen wir unsere Planungen. „Ich möchte unbedingt zur Eisbahn am Rockefeller Center“, meint Tanja und damit wäre TOP 1 des Tages geklärt.

Wir schlendern zur U-Bahn und lassen uns abermals freundlich und unaufdringlich den Weg erklären. Hier bringt es offensichtlich kein Service-Mitarbeiter fertig, einem Menschen mehr als 10 Sekunden dabei zuzusehen, unentschlossen dreinzuschauen. Das ist nett und ich könnte mich an so etwas in Deutschland auch gut und gern gewöhnen. Während wir so durch die Tube rollen, hüpft ein leger gekleideter junger Mann in die Bahn. Bei uns hätte ich jetzt irgendwie erwartet, dass wir gleich – in Zeiten audiophilen digitalen Mehrkanaltons – in den Genuss von irgendso nem Deutsch-Hiphop-Gequatsche kommen. Und zur Freude aller Mitreisenden würde dieses dann natürlich – dem technologischen Fortschritt zum Trotz – direkt und ungefragt vom Smartphone in sämtliche anwesende Ohren gequäkt. Doch weit gefehlt, der Mann fing an zu spielen und das sogar richtig schön: Auf einer Geige. Weil seine Performance jedoch ebenfalls unaufgefordert dargeboten wurde, tippten die meisten Fahrgäste weiterhin irgendwelche WhatsApp Messages in ihre Smartphones… das ist dann wieder wie bei uns. Doch hier habe ich sie tatsächlich getroffen: Menschen, die unfassbar schnell ganze Sätze mit beiden Daumen tippen, in einer Zeit in der ich allenfalls ein oder zwei Wörter zu Wege bringe. Dabei laufen sie relativ zielgerichtet und schnell. Dennoch stolpern sie zum Beispiel über Hunde, die sich zuvor im toten Winkel ihres Handys befanden. Danach wirken sie zwar peinlich berührt aber so, als ob sie sich am liebsten über irgendwas bei irgendjemanden über Geschehenes beschweren möchten… wir haben es selbst erlebt.

Food Trucks säumen die Straße.

Der vergnügt spielende junge Geiger ist nach etwa einer aminute fertig und verneigt sich ordentlich. Verblüfft stellten wir fest, dass er hierfür von einigen – die zuvor so unbeteiligt wirkten – mindestens fünf Dollar in seiner Kappe zusammensammeln konnte. Der Geiger stieg aus zum nächsten Publikum aus und wir liefen an die Erdoberfläche. Als wir dort ankommen werden wir wieder von strahlendem Sonnenschein empfangen. Auf unserem Weg durch die riesigen Gebäude namhafter Banken und bekannter Unternehmen sehen wir immer wieder Food Trucks mit Imbiss Spezialitäten jeder Küche vor ihren Eingängen stehen. Vermutlich warten sie dort, um der Belegschaft eine schmackhafte Alternative zum Kantinenessen zu bieten, bevor sie abends die Straße wieder räumen. Nach einer Zeit sehen wir ganz viele Fahnen vor einem nicht ganz neuen aber dafür sehr hohen Gebäude. Dass müsste das Rockefeller Center sein. Ein paar Schritte weiter bestätigte sich die Vermutung schnell: Eis einer Eisfläche auf der an Weihnachten Schlittschuhläufer vor einem großen bunten Weihnachtsbaum symbolträchtig ihre Runden ziehen. Gerade wird das Eis erneuert und wir nutzen die Zeit bis das nächste Fotomotiv fertig ist, uns hinzusetzen, um dieses imposante Bild auf uns wirken zu lassen.

Blick hoch zum Rockefeller Center.

Radio City, hier war Amerikas innovativstes Radio zu Hause und auch heute beheimatet sie das National Broadcasting Center. Von hier wird die bekannte today-Show gesendet und Jimmy Fallon geht in dieses Gebäude für seine Late-Night täglich zur Arbeit. Diesem Gebäude wollen wir nun auf sein Dach steigen. Auf dem Weg zum ‚Top of the Rock‘ werden wir plötzlich von allen Seiten aus instruiert bzw. darüber informiert, dass wir das Set zu räumen hätten. Wir sind offensichtlich mitten in irgendwelche Dreharbeiten gestolpert, welches Arri-Equipment, Dolly und jede Menge Scheinwerfer schnell verdeutlichen. Außer „Action!“ ist nicht viel zu hören. Die Schauspieler waren zumindest mir nicht bekannt und die gespielte Kuss-Szene auf offener Straße fand ich irgendwie kitschig. Da wir sowieso wieder mit hektischen „Keep going!“-Rufen weg geschimpft wurden zogen wir weiter zum nahegelegenem Eingang des TotR. Fünf Minuten später ging dann auch schon wieder ein Aufzug mit uns an Bord nach oben. Und wieder hat man sich bei dem Lift etwas Originelles ausgedacht. Das Dach des Aufzugs ist transparent und der Aufzugschacht mit bunten LED-Bändern versehen. So konnten wir beim Spurt nach oben sehen, wie schnell wir dem Dach des Rockefeller Centers entgegeneilten.

„Knipps“, ein einzigartiges Bild.

70. Stock: Endstation. Schon beim Heraustreten aus dem Aufzug spürten wir sofort, dass der Ausblick von hier – auch wenn noch etwa 30 Stockwerke fehlten – mindestens so beeindruckend ist, wie vom 1-WTC. Selbiges ist von hier aus an der Downtown Südspitze gut zu erkennen. Ein beeindruckendes Bild auf welchem der Künstler nicht vergaß, dass Empire State Building als zentrales Motiv, in seine Mitte zu setzen. Sonne und Wolken liefern erneut ein Wechselspiel, um der prächtigen Szenerie sogar noch mehr Ausdruck zu verleihen. Wir machen viele Bilder, die so vor uns natürlich noch nie zuvor jemand gemacht haben wird. Auf dem obersten Floor versperren uns und dem Kameraobjektiv nicht einmal mehr Glasscheiben die Sicht auf die Stadt. Bevor es für Tanja und mich dann wieder effektvoll nach unten gehen sollte… ließen wir uns zuvor für ein paar Momente nieder, um das zu was wir gerade vor uns sehen bewusst in uns aufzunehmen.

Grand Central Station.

Wir peilen per U-Bahn die Grand Central Station an. Als wir unten in zunehmendem Menschengewusel aussteigen, kann man sich bei dem Stop an der nicht wirklich attraktiven Haltestelle kaum vorstellen, dass wir nur ein paar Minuten später in einem um so schöneren alten Gebäude des weltgrößten Bahnhofs unterwegs sein werden. Wir gehen zwei Treppen der Haupthalle hinauf und stehen damit automatisch mitten in Verkaufsflächige des hiesigen Apple Stores. So langsam wird es voll hier… nun hechten doch eilig die bereits von uns erwarteten Pendler an uns vorbei und eine Gruppe von Schild- und Bannerträgern formiert sich in der Mitte der Halle an der historischen Uhr, um gegen Trumps Dekret-Politik zu demonstrieren. Als Cineast schießen mir wieder Szenen aus Film und Fernsehen durch den Kopf und ich stelle mir vor, wie mir gleich Alex – der Löwe aus Madagascar – nach seiner Flucht aus dem Zoo mit den anderen Tieren seiner Gefolgschaft entgegenspringen wird.

Verhüllte Ghostbusters Zentrale.

Da wir Hunger bekommen suchen wir den Station eigenen Food Court und essen dort nach eingehender Inspektion des Angebots eine wohlschmeckende Suppe, da alles andere für Tanjas Magen vielleicht noch ein wenig zu deftig sein könnte. Mit der Linie 7 und 1 fahren wir nun zur Franklin Street zur Ladder 8 Firestation… Kinobegeisterte wissen natürlich sofort, wer hier ihre Zentrale hat und nur darauf wartet, mit ihrem ECTO-1 zum nächsten Einsatz zu düsen.Als wir dann vor ihrem Tor stehen müssen wir beim Anblick des Gebäude säumenden Gerüsts dann allerdings ernüchtert feststellen, dass die Ghostbusters wohl kürzlich eine Renovierung der Gebäudefassade in Auftrag gegeben haben müssen. Offensichtlich sind sie gut im Geschäft. Der Wiedererkennungswert ist dami allerdings kaum auszumachen. Nur ein paar aufgemalte Bilder auf dem Boden weisen darauf hin, dass hier natürlich keine Feuer bekämpft werden. Bad Timing, schade. Wir laufen gemütlich und an frischer Luft zu unserem Hotel zurück. Jedoch nicht ohne uns zuvor von einem netten New Yorker Stadtbewohner älteren Semesters darauf hinweisen lassen, dass unser Weg zu Fuß viel zu weit wäre und wir für diesen auf jeden Fall wieder zur U-Bahn-Station zurücklaufen sollten. In diese Richtung liefe er nämlich zufälligerweise auch gerade. Wir wollten aber nicht in die Subway zurück und kamen eine halbe Stunde später nach unserem Abendspaziergang im Hotelzimmer an.

Andreas

Wow 5 Wochen!!! Nach der Hochzeitsreise von Tanja und mir vor drei Jahren in Neuseeland dachten wir eigentlich, dass wir nicht wieder die Gelegenheit bekommen würde nochmal ähnlich lange am Stück auf Reisen zu gehen. Doch sie kam erneut und wir werden sie nutzen, um die Ost- und Westküste der USA sowie Hawaii zu besuchen. Es lässt sich kaum beschreiben, wie sehr wir uns darauf freuen.

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    • Danke Dominik. Wobei es mich immer wieder gruselt bei den ganzen Fehlern, einen Bericht vom Vortag zu lesen. Naja… solange es die Zeilen erlauben ein wenig mitzureisen ist ja alles gut :-)

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Andreas

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