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Mit dem Wildpferd durch den Sunshine State

Das Island City House um 1880. Ältestes Gästehaus auf Key West.

„Was für ein schönes Zimmer!“, sind tatsächlich die ersten Gedanken als ich aufwache. Angenehmes Restlicht durchströmt das Zimmer, weil natürlich auch dieses durch Vorhänge und Ähnliches nicht nicht völlig abdunkelbar ist. Tanja ist bereits wach und versorgt mich mit dem allmorgendlichen Kaffee. Er ist lecker. Ich freue mich darauf, gleich die Gegend und unser Hotel sowie dessen Anlage am Tag und bei frühsommerlichen Temperaturen zu durchstreifen.

Also hüpfe ich auf und schlüpfe geschwind in dünne Sachen und vor allem passenderes Schuhwerk. Die ganzen Tag hier mit Wanderstiefeln unterwegs zu sein war bereits gestern etwas extravagant als wir so besohlt am Gepäckband auf unsere Koffer warteten. Keine 2 Kilo am Fuß mit sich herumtragen zu müssen macht das Laufen im Vergleich auch deutlich leichter. Ich lasse Tanja für eine Weile im Hotelzimmer zurück um draußen Fotos zu schießen: Motive die mir beim Erkunden der näheren Umgebung vor die Linse springen.

Ein Morgen auf Key West: So lässt’s sichs leben.

Als ich in unsere Suite im ersten Stock des ersten und damit ätesten Hotel-Gebäudes zurückkomme sagte mir Tanja, dass ich doch länger als geplant mit der Expedition durch das vegetative Hotelexterieur zugebracht habe. Sie begann gerade damit, sich Sorgen zu machen. Diese konnte ich durch meine Rückkehr schnell zerstreuen und beschließe einen zweiten Kaffe auf der Hollywoodschaukel unseres Balkons zu trinken. Es ist schön hier so chillig herumsitzen zu können, weil wir im Island City House erst um 11 Uhr auschecken müssen. Herrlich. Tanja und ich gehen daraufhin zu einem kleineren Häuschen, namens Rezeption.

Wir waren vorhin auch schon einmal hier, weil wir uns nach dem gestrigen Late-Arrival im Office zunächst einmal als angekommen und eingezogen melden wollten und sollten. Die Rezeption hatte gestern als wir ankamen zwar bereits geschlossen, aber ich war am Vortag bereits in Charleston mit einem netten Menschen des Hauses in Kontakt, um ein Package für Spätankömmlige im Briefkasten des Bürohäuschens deponiert zu bekommen: Es war ein weißer Umschlag mit unserem Nachnamen darauf mit Schlüssel und allem sonstigen Wissenswerten. Alles funktionierte bestens.

Chillen am Pool

Da schon alles bezahlt war ging das „Hi, wir sind da!“-Sagen recht schnell. Wir verziehen uns dann für eine weitere entspannte Stunde in unsere schöne Suite. Um kurz nach 11 Uhr sagen wir also zum zweiten Mal „Hallo!“ mit anschließendem smallen Talk. Wir fragen, ob wir unser Gepäck kurz deponieren können, bis wir im Besitz unseres Mietwagens wieder zurückgekommen sind. Natürlich ist das kein Problem. Wir sollen doch einfach danach eine Weile am Pool verbringen, dass sei auch nach dem Checkout aus dem Zimmer kein Problem. Wir finden, das klingt nach einem guten Plan.

Wir gehen an die Straße wo kurz darauf das Taxi auf uns wartet, welches wir vorhin im Zimmer noch für uns haben rufen lassen. Es ist ein superaltes, klappriges gelbes Etwas mit stumpfen Lack. Ein Wunder, dass das fahren kann. Der Fahrer brummt irgendwas, was wir als Einladung zur Mitfahrt deuten. Ein Versuch mit dem uns chauffierenden Menschen mit weißem zotteligen Haar ins Gespräch zu kommen scheitert kläglich. Die Anspielung, dass er mit Weikert fast denselben Nachnamen trägt wie wir, prallt an ihm ab wie ein Mosquito an der Windschutzscheibe seines Taxis. Kein Cabchat also. Ich beschließe darauf zu schweigen und den Palmen und Häuschen beim Vorbeirauschen zuzusehen, die dabei vom Quietschen und Knarzen seines Gefährts akustisch begleitet werden.

Hätte ja gern Zugriff auf den Twitter Account meines Vorgänger Fahrers.

Tanja ist währenddessen immer noch auf der Suche nach der nicht vorhandenen Möglichkeit, sich anzuschnallen. Der Fahrer selbst weiß offensichtlich gar nicht, dass solche ungeahnten Sicherheitsfeatures in seinem Auto je verbaut wurden. Zumindest schließe ich das aus dem gelassenen Herumbaumeln des Gurtes zu seiner linken Schulter. Bei der Alamo Mietwagen-Station von Key West angekommen, wird mir plötzlich klar warum von dem Fahrgastinnenraum eines Autos auch von Fahrgastzelle gesprochen wird. Trotz ordentlichen Trinkgeldes lässt uns das Taxi nämlich nicht heraus. Aber immerhin ringen wir unserem Fahrer den entscheidenden Tipp ab: Einfach mit vollem Gewicht und der Schulter gegen die Tür werfen, dann sollte es klappen. Bei Tanja ist das auch so. Bei mir leider nicht, weil der Hebel der eine Tür von innen hätte öffnen können vermutlich schon vor Jahrzehnten so porös wurde, dass er vor Ermüdung bei seiner letzten Verwendung einfach abknickte. Ich rutschte auf Tanja Platzseite und stieg dort aus. Mit einem ordentlichem Schmackes warf ich die Tür auf Anhieb sogar wieder zu. Stolz das geschafft und die letzte Viertelstunde überlebt zu haben, schreiten wir ins Baucontainer Office mit innewohnendem Rentalcar Station Service Desk.

Frühstücken im Frenchie’s Cafe.

„Einen Ford Mustang? Nein, da sind alle weg!“, schockt uns der lustige Mann von Alamo. Dann setzt er ein breites Grinsen auf und untermalte das mit einem gute Laune verbreitenden herzlichen Lachen. Richtig sympathisch wird er mir allerdings mit dem Hinweis, dass das hübsche rote Mustang Cabrio da vorne unseres ist. Wir wickeln die Formalien ab und warten auf den Manager und seine Einführung zum Convertible Top. Hier ein paar Knöpfe, da ein Hebel und alles ist gut. Das wirkt alles recht easy. Am meisten Freude macht ihm all die Erklärungen, die auf seine rhetorische Frage an mich „You love to drive fast!?!“ folgte: Hier der Sports+ Modus, hier die direktere Lenkung und hier kannst Du ASP ausschalten. Okay die wichtigen Dinge habe ich somit verstanden. Ich quittiere sein „Have Fun!“ mit einem „“Oh yes, Sir. We will!“ Meine Größe ist kein Problem, nur habe ich das Gefühl, dass ich mit meinem Hintern bald die Straße küsse und reite los. Wow, was für ein Feeling! Doch bevor es mit dem Mustang über die Keys nach Miami geht lassen wir uns von Tripadvisor zum nächstgelegenen guten Frühstück navigieren, was im Frenchie’s Cafe von uns gegessen werden möchte. Dort angekommen sind wir die einzigen hier, was sich sofort ändert, als wir uns an den einzigen Tisch auf der Mini-Veranda direkt neben der Eingangstür setzen.

Tanja findet am Mustang auch Gefallen.

Gestärkt reiten wir weiter zum Island City House und finden – nachdem wir dem Müllwagen für einige Minuten gefolgt sind – einen Non-Residental-Parkplatz direkt vor der Tür. Wir melden uns bei der Ankunft erneut an der Rezeption zurück. Ich hatte meine Regenjacke im Schrank des Zimmers vergessen. Ein Hoch auf das fleissige Zimmermädchen. Wir packen noch nicht, sondern werfen uns in Badeklamotten und trotten zum Pool, an dem wieder einmal kaum etwas los ist. Wir finden eine schöne Liege für zwei Personen mit Schirm, der einen vorm Verbruzzeln in der Sonne schützt. Wir ziehen ein paar Runden im lauwarmen Wasser, genießen die Sonne und chillen bei leiser südamerikanischer Musik.

Da wir über die Keys in der Abendsonne fahren möchten, packen wir erst kurz nach 15 Uhr alles zusammen und ziehen uns um für die etwa dreieinhalbstündige bevorstehende Autofahrt. Selten habe ich mich auf eine Autofahrt so gefreut wie jetzt gerade. In den Kofferaum geht natürlich nur ein großer Koffer aber zumindest auch unsere Handgepäck-Rucksäcke. Den zweiten Koffer verfrachten wir auf die Rückbank, die mangels weiteren Mitreisenden dafür prädestiniert ist.

Die dann dolgende Fahrt wird für Tanja und mich zu den schönsten Fahrten gehören, die wir je unternommen haben. Zusammen mit denen die wir vor drei Jahrem im Rahmen unseres Roadtrips mit dem Camper durch Neuseeland gemacht haben: Karibisches türkisblaues Wasser, welches sich fast mit 360-Grad-Rundumblick vor uns ausbreitet. Mich beeindrucken die langen Brücken, die die einzelnen Florida-Keys-Inseln miteinander verbinden. Von oben muss das alles aussehen, wie bei einer Art Schlüsselbart.

Bei perfektem Abendwetter geht es wieder weiter Richtung Miami und kommen aus dem Staunen kaum mehr heraus. Wir sehen nicht nur die Schilder „Gators crossing“ und „Watch out the alligators“, sondern selbiges Reptil wenig päter auch am Mittelstreifen sich von der gespeicherten Sonne des Asphalts wärmen. Nach kurzem zwischenzeitlichem Restrooms Besuch bei Burger King empfängt uns schließlich Miami Beach mit riesigen Hochhäusern und beleuchteten Hafenkränen direkt bei der Einfahrt von Miami Beach. Wir biegen in den Ocean Drive ein und parken direkt vor unserem Hotal, den Waldorf Towers. Wenig später wird dann unser rotes Wildpferd vom Hotalpersonal irgendwo anders hingestellt. 20 Minuten später ziehen wir ein, aber nicht ohne dass wir zuvor vom Rezeptionisten über jede mögliche Ausflugsoption informiert worden sind. Tanja und ich wollen uns jedoch mit allen diesbezüglichen Dingen erst morgen und in aller Ruhe befassen und auch nur nachdem wir wirklich ausgeschlafen sind. Nach kurzer Begeisterung zu Größe des Zimmers, der Aussicht aus seinen Fenstern und finalem Besuch im Bad lassen wir uns ins Bett fallen.

Andreas

Wow 5 Wochen!!! Nach der Hochzeitsreise von Tanja und mir vor drei Jahren in Neuseeland dachten wir eigentlich, dass wir nicht wieder die Gelegenheit bekommen würde nochmal ähnlich lange am Stück auf Reisen zu gehen. Doch sie kam erneut und wir werden sie nutzen, um die Ost- und Westküste der USA sowie Hawaii zu besuchen. Es lässt sich kaum beschreiben, wie sehr wir uns darauf freuen.

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  • That is a beautiful place. I can just picture the ocean with its white sand beaches and clear turkois blue water all around and that cool red Mustang with the two of you fits right into the landscape. Fantastic!

    • Hi Uschi, that's great to have some readers like you while travelling the States with Tanja. First it was just an idea to write some notes about all we're going to experience in the next weeks. It was actually planned as a sort of travel diary and not meant as a travel blog. But then I thought about making a blog would make it even better, especially if someone is out there who's curious about our vacatuon trip. Maybe you'll keep on reading ;-)

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Andreas

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