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Mit dem Airboat durch die Everglades

Wäsche kreuzt den Weg zur Dusche.

Tanja und ich müssen heute aus dem Room Mate Waldorf Towers auschecken. Das ist auch wirklich der einzige Grund, warum ich ein erneutes Klingeln des Handy Weckers akzeptiere. So toll der gestrige Tag auch war. Reiz- und Informationsüberflutung plus über 700km Auto-Fahrt waren doch relativ anstrengend. Ich mache mich auf den Weg ins Bad an von der Decke hängenden Kleidern vorbei direkt in die Dusche. Tanja hat gestern ein paar Sachen von uns, die nicht schmutzig aber getragen waren, in der Badewanne gewaschen und danach an einer quer durchs Bad gespannte Reisewäscheleine zum Trocknen aufgehängt. Als ich im Bad fertig bin zupfe ich mir meine mittlerweile trockenen Sachen von der Leine, weil diese ja an ihren bestimmten Platz zu mir in den Koffer gehören. Immer neue Orte zu besuchen und Eindrücke sammeln ist zweifelsohne toll. Ständig dafür aus- und wieder einzupacken ist es jedoch ebenfalls ohne Zweifel nicht. Ich besitze nämlich über die durchaus verzichtbare Fähigkeit, innerhalb kürzester Zeit das Hotelzimmer so aussehen zu lassen, als hätte ich direkt in meinem Koffer eine Kleiderbombe gezündet. Bisher war ich noch nicht in der Lage dieser Gefahr durch eine entsprechende Entschärfung Herr zu werden. Meistens explodiert sie innerhalb der ersten halben Stunde nach Ankunft direkt am Zielort. Umso Aufwändiger ist es jetzt aber für mich, sämtliche Einzelteile, die bis in die letzten Winkel des Zimmers verstreut (Ladekabel hinter der Couch, Kleider auf jeder Sitzgelegenheit, Reiseinfos und Belege auf jeder möglichen Ablagefläche, etc.) herumliegen, mühsam zusammenzusuchen. Auch neu erworbene Sachen – wie ein gestern gekauftes NASA T-Shirt und designiert dafür, ab jetzt bei mir zu wohnen – haben einen bestimmten Ort. Sie landen in einmen der Amazon Packing Cubes, die Tanja kurz vor Antritt unserer Reise entdeckt hat (ist kein Affiliate Link… auch wenn’s so aussieht). Diese Dinger sind wirklich praktisch. Hosen sind in einem Cube, Oberteile in einem anderen usw., dabei haben sie alle verschiedene Größen, gehören zu den Amazon Basics und sind sogar vergleichsweise günstig.

Blick aus unserem Hotelzimmer.

Ich hab’s geschafft, ich bin fertig. Jetzt schon. Natürlich um einiges später als Tanja. Sie ist in ihrem Reisehabitus immer recht akkurat unterwegs. Bemerkenswert, dass sie sich in den vergangenen 16 Jahren von mir hat noch nicht hat anstecken lassen. sie selbst würde diese Einschätzung von mir vermutlich gar nicht teilen. Es ist praktisch und unheimlich zugleich, wenn ich sie zu Hause oder jetzt im Urlaub fragen immer fragen kann, wohin ich denn bloß meine Sachen verlegt habe. Meistens weiß sie sofort und nach nur einem einzigen Versuch, wo ich das Wunschobjekt wiederfinde, welches ich schon so lange hektisch suche. Dabei spielt es übrigens überhaupt keine Rolle, ob sie beim Verlegen von Dingen meinerseits persönlich anwesend ist oder nicht. Sie kennt mich offensichtlich viel besser als ich mich selbst. Eine Ähnliche Gabe dieses intuitiven Wissens habe ich nicht. Falls sie etwas sucht – und das kommt so gut wie niemals vor – trage ich allenfalls zusätzlicher Verwirrung bei.

Frühstück auf der Hotelterrasse.

Wie jedes Mal überprüfen wir 3-5 Mal, ob wir im Zimmer irgendwas zurückgelassen haben (ist so ähnlich wie bei unserem Tiger, weil wir als Katzenbesitzer ohne den Vierbeiner zuvor gesehen zu haben, nicht das Haus verlassen). Wir verabschieden uns aus dem Zimmer, welches wie in New York über das scheinbar im Trend liegende Hotelfeature eines lauten Kühlschranks verfügt aber mit Blick auf den Ocean Drive und Strand trotzdem spitze ist. Wir quetschen uns in den engen Aufzug und fahren ein ganzes Stockwerk nach unten. Nach dem Checkout geben wir unser Gepäck in die Obhut des Rezeptionisten, drühstücken auf der Hotelterrasse und warten dann in der Lobby mit coolen bunten Bildern an der Wand. Dann tritt ein etwas gehetzt wirkender sonnenbebrillter Mensch herein und fragt uns scheinbar rhetorisch, ob wir die zwei für die Everglades-Tour wären. Mangels anderer anwesender Personen antworten wir spontan mit „Yes we are the ones!“. Er schickt und raus zum Reisebus mit dem Hinweis auch später dort bezahlen zu können. Alles klar, wir sitzen auf den Premiumplätzen direkt hinter dem Busfahrer. So können wir ihm gut dabei zusehen, wie er die Tür von seinem Bus mit einem Spanngummi sichert, was dann weder sonderlich Premium-like noch vertrauenserweckend ist. Ach egal, immerhin fahren wir jetzt zum Gatorpark in den Everglades. Wer da Angst hat muss zu Hause bleiben.

Fahrt zu den Everglades.

Los geht’s. Wir zirkeln mit dem riesigen Bus durch die engen Straßen von South Beach Miami wieder über die zugige Brücke nur diesmal bei Spitzenwetter stadtauswärts Richtung sumpfiges Grasland (klingt im Deutschen eher nicht so toll). Irgendwie sind wir jetzt in einer klassischen Touritour, bekommen irgendwelche grünen Punkte auf die Shirts geklebt und werden informiert über die Agenda: Airboat Fahrt, Aligator Show, Fototermin, Mittagessen, Abfahrt zurück. Ach egal, wir schließen damit einfach unseren Frieden, sprühen uns mit nicht sonderlich gutriechenden Moskito-Spray ein und freuen uns auf die bevorstehende rasante Fahrt mit dem Propellerboot in brennender Mittagshitze.

Fahrt durch die Everglades.

Die Fahrt ist unbeschreiblich. Sie beginnt gemütlich direkt vorbei an wirklich großen Alligatoren, Reihern, giftigen Wasserschlangen und exotischen Gewächsen. Es dauert keine drei Minuten bevor wie Tiere sehen, die wir bisher nur aus den Zoo kannten. Doch hier sind es wildlebende Tiere und uns trennt einfach nichts von ihnen. Es ist unwirklich und unglaublich zugleich und auf jedem Fall faszienierend. Der Lenker des Airboats ist extrem entspannt. Wir wären schließlich in Florida noch dazu in den Everglades. Wir sollten uns auf die Bänke stellen, wenn wir was sehen wollen. Denn selbst wenn wir ins Wasser fielen ist das nächste Boot in spätestens 10 Minuten bei uns, um uns wieder aufzusammeln. Und ich ich bin mir echt unsicher, ob er das Gesagte wirklich ernst meinen könnte. „So come on guys get up!“ So fahren wir langsam auf den Sitzbänken stehend an den in der Sonne liegenden Gators vorbei. „So folks, it’s time to use your earplugs!“ Und wir wissen schon was das heißt und freuen uns auf das was jetzt kommen wird. Kaum sind die Ohrstöpsel in unseren Ohren installert, gibt das Boot gas. Es ist eine unbeschreiblich tolle Fahrt durch eine beeindruckend schöne Naturlandschaft, wie wir sie in dieser Form noch niemals vorher gesehen haben. Hoffentlich hält dieses Ökosystem und UNESCO Welterbe seinen Bedrohungen stand und kann zukünftig mehr geschützt werden.

Alligator Show des Parks.

Nach der halbstündigen Fahrt werden wir direkt in die Alligator Show geschoben. Tanja und ich mögen solche Shows und „Höhepunkten“ wie mit der Hand durch das offene Maul des Alligators zu fahren eigentlich nicht. Wir stehen Aufführungen, in denen Tiere präsentiert werden und irgendwelche Kunststücke machen sollen grundsätzlich ablehnend gegenüber. Die Tiere zuvor auf der Fahrt in freier Natur zu sehen, ist ungleich schöner. Wir schauen sie uns dennoch an. Der Unterschied zwischen Alligatoren und Krokodilen prägt sich mir ein. Er bezieht sich auf ihr Verhalten. Ein Alligator würde tendenziell vor Menschen flüchten. Ein Krokodil würde uns als mögliche Mahlzeit eher nachstellen. Eines gilt für Alligatoren UND Krokodile: Man soll sie niemals füttern. Ihr Walnuss großes Gehirn dient der Verarbeitung von wichtigen Informationen für Fressen und Fortpflanzung. Wird ein Alligator einmal falsch konditioniert und mit Menschen und Fressen in Verbindung gebracht, heißt das in etwa Mensch=Mahlzeit. So sei auch der Unfall mitten im Disneyworld Hotel-Komplex auch auf das Füttern des Alligators zurückzuführen, welches ein zweijähriges Kind vom Spielen am Strand ins Wasser und in den Tod zerrte. Schrecklich ist der Vorfall natürlich trotzdem.

Wir essen ein bedingt schmeckendes Mittagessen, für welches wir natürlich zusätzlich bezahlen müssen und fahren dann nach Miami zurück. Tanja hat ein Gatorpark-Everglades T-Shirt zusätzlich iin ihrem Gepäck. Den Wunderstein – mit welchem man niemals gebissen wird, sofern man diesen bei sich trägt – gab es leider nicht zu kaufen, auch wenn der Mann aus der Show dies zum Leidwesen der Shopangestellten stets behauptete.

Auf dem Weg nach Orkando.

Um halb drei sind wir wieder an unserem Hotel angekommen. Wir schnappen unser Gepäck und rollen voll bepackt mit unseren Koffern den Touristen entgegen zum Stall unseres Mustangs, dem Parkhaus. Wir drücken einen Koffer und unsere beiden Rucksäcke in den Kofferraum. Der zweite Koffer darf erneut auf der Rücksitzbank Platz nehmen. Wir genießen es noch ein wenig, mit offenem Verdeck und lauter Musik durch die mit riesigen Hotelgebäuden gesäumten Straßen in Richtung North Beach zu fahren, bevor wir das Dach zumachen und Orlando als nächstes Ziel ins Visier nehmen.

Nach etwa fünfstündiger Fahrt kommen wir dort an. Und als wir so langsam in das weitreichende Stadtgebiet von Disneyworld fahren machen wir wieder das Dach auf, um schon ein wenig Luft des Entertainments zu schnuppern, welches uns in den kommenden zwei Tagen erwarten wird. Wir checken im Wyndham Grand Resort Bonnet Creek ein. Im 6. Stock liegt unser schön eingerichtetes, riesengroßes Zimmer mit direktem Blick aufs… Parkedeck gegenüber! Ok, machen wir die Balkontür mal wieder zu, zumal hier offensichtlich ein Restaurant unter uns hdirekt in der Nähe seinen Abzug haben muss. Nachdem meine Kofferkleiderbombe wieder explodiert ist schlafe ich ein paar Minuten später auf einem gefühlt ein Meter hochgelegenem Bett ein. Die letzten Worte von Tanja, an die ich mich erinnere bevor ich einschlafe, sind: „Ich gehe mal in den Westflügel“, während sie zu Bad unseres Zimmer spazierte.

Weitere Everglades Infos:
Das Wasser der Everglades stammt aus dem Lake Okeechobee, dem größten See im US-Bundesstaat Florida. Der See liegt im südlichen Florida zwischen den Städten Miami und Orlando. er See besitzt nur kleinere natürliche Abflüsse. Dadurch entstanden in der Vergangenheit viele langanhaltende Überschwemmungen; letztendlich entstanden dadurch die Sümpfe der Everglades. Ausschlaggebend für die Entstehung des NAtionalparks war das flache Land in Florida, das kaum merklich zurm Süden hin abfällt. Dadurch fließt das Wasser nur langsam ab, was die Bildung von Sümpfen fördert.

Durch die zunehmend starke Besiedlung von Florida, besonders der Küstenmetropolen, ebenso durch landwirtschaftliche Betriebe, wurde dem Lake Okeechobee zu viel Wasser entnommen. Die Folge war ein starker Wassermangel in den Everglades-Sümpfen. Der Staat Florida deshalb kaufte bis zum Jahre 2008 die landwirtschaftlichen Betriebe auf, um so den Wassermangel im Everglades-Nationalpark zu beenden und das Naturerbe für die Zukunft zu sichern. Wirklich erfolgreich waren sie bis heute nicht, es wird noch lange dauern bis zur Wiederherstellung der Ökosysteme.

Die weiter anhaltende, starke Wasserentnahme, sowie der verstärkte Pestizid- und Düngemitteleintrag aus der Landwirtschaft wirkt sich auf die fast stehenden Gewässer der Everglades verheerend aus. Die Schadstoffe sinken zu Boden und reichern sich an. Ebenso ist die Bebauung bis an die Grenzen des Everglades-Nationalparks äußerst problematisch für die Tier- und Pflanzenwelt. Der Everglades-Nationalpark ist das größte subtropische Schutzgebiet in ganz Nordamerika.
Die vielen Schnittstellen der verschiedenen Ökosysteme innerhalb des Nationalparks machen die Everglades wirklich einzigartig. Dazu verschieben sich die Ökosysteme des Everglades-Nationalpark permanent. Die Evolution der biologischen Prozesse ist in den Everglades ununterbrochen aktiv, auch deswegen ist der Everglades-Nationalpark außerordentlich schützenswert.

Das Wasser der Everglades im Küstenbereich ist ein Gemisch von Süß- und Salzwasser, bzw. das Wasser dort ist salzärmer wie das reine Meerwasser. In dieser Mischzone wachsen die außerordentlich wichtigen Mangrovenwälder. Zu einem sind die Mangroven ein gigantischer Wasserfilter. Zum anderen ist der Mangrovenwald ein Geflecht aus Wurzeln und ästen, die als Brutstätten und Aufwuchszonen für Fische und Reptilien, sowohl der Süßwasser- als auch der Meeresfauna dienen.
[Quelle: http://www.amerika-usa.de/florida/everglades.html]

Andreas

Wow 5 Wochen!!! Nach der Hochzeitsreise von Tanja und mir vor drei Jahren in Neuseeland dachten wir eigentlich, dass wir nicht wieder die Gelegenheit bekommen würde nochmal ähnlich lange am Stück auf Reisen zu gehen. Doch sie kam erneut und wir werden sie nutzen, um die Ost- und Westküste der USA sowie Hawaii zu besuchen. Es lässt sich kaum beschreiben, wie sehr wir uns darauf freuen.

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Andreas

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