Categories: Cape CanaveralMiami

3.. 2.. 1.. Ignition!

Es ist noch dunkel in Miami und das sogar noch eine ganze Weile. Trotzdem stehen wir auf und das sogar aufgrund eines klingelnden Weckers! Warum tut man sowas? Und noch viel wichtiger: Warum tut man sowas im Urlaub?? Oder noch eher: Warum machen wir sowas im Urlaub in Miami??? Ganz einfach, alle Wetter-Apps gaben sich gestern gegenseitig Recht: Der Sunshine State wird sich heute nicht nur nicht von seiner sonnigen Seite zeigen. Nein, Starkregen und heftigste Gewitter mit entsprechenden Unwetterwarnungen sprechen eine andere Sprache! Am schlimmsten soll es mittags werden, also entschlossen wir uns schon gestern, den geplanten Airboat Trip durch die Everglades auf morgen zu verschieben und stattdessen zum Kennedy Space Center zu fahren. Aus unserer Sicht eine klasse Alternative, zumal das Wetter am Cape Canaveral besser werden soll als hier. Wir frühstückten nicht im Hotel oder in Miami, um erst einmal ein wenig Strecke zu machen und um das weitläufige Stadtgebiet zu verlassen. Von uns aus kommend bedeutet dies erst einmal über einen Stunde mit den in Richtung Norden zu fahren.

Als es hell wird zeigt sich das Wetter tatsächlich von seiner ungemütlichen und rauen Seite. Regnen tut es zwar noch nicht, aber wir können deutlich sehen, dass da etwas auf uns zukommt. Nicht nur wegen der Gefahr plötzlich einsetzenden Regens bleibt das Verdeck des Mustangs heute geschlossen. Auf der Interstate mit 70 Meilen unterwegs zu sein ist aufgeund des fehlenden Windschotts des Mustangs keine so wirklich angenehme Sache. Die Breite der Straße verringert sich. Nach zwischenzeitlich acht auf zwei Spuren und ist nach einer Stunde Fahrt bei Dimensionen angekommen, die wir auch von deutschen Autobahnen kennen.

Das Wetter auf dem Weg zum Cape Canaveral.

Als wir die Stadt hinausfuhren informierten regelmäßig über eine Fast oder Passing Lane. Es ist die linkeste Spur und soll von den Verkehrsteilnehmern genutzt werden, die den anderen Verkehr auf den rechten Spuren überholen möchten, beispielsweise weil keine Absicht besteht, in nächster Zeit abzufahren. Für diese Fahrer hat die Fast oder Express Lane einen entscheidenden Vorteil: Ihr Verkehr wird nicht über sich einfädelnde Autos von den Zufahrten abgebremst. Auf der anderen Seite muss man auch genau wissen wohin man fahren möchte. Denn einmal auf der schnellen Spur aufgefahren kann man diese für ein spontanes Abfahren auch nicht mehr verlassen zumal baulich – zumindest im Großraum Miami – diese von den anderen Spuren getrennt ist und teilweise sogar über eigene Brücken verfügt. Ist der Verkehr bereits schnell unterwegs – sorry ich meine mit 70 mph weniger langsam – bringt es nicht wirklich etwas, die Fast Lane zu benutzen, denn ein Freibrief für schnelleres Fahren als das Speed Limit erlaubt stellt sie keinem Fahrer aus.

Wir bleiben auf den rechten Spuren, da wir nicht genau wissen ob wir für die schnellere einen gesonderten Pass bräuchten, der auch wieder extra Geld an den Maut Stationen kosten würde. Bis auf zwei Stellen mit zähfließendem Verkehr hätte sie uns auch nicht wirklich geholfen, da wir trotz geschäftigen Verkehrs gut durchkommen. Jetzt wo die Interstate 95 Richtung Norden auf zwei Spuren zusammen geschrumpft ist, gibt es ohnehin keine Passing Lane mehr. Gefühlt ist die Verwendung der Spuren ganz anders als bei uns auf der Autobahn. Eine Unterscheidung hinsichtlich der Wahl rechts oder weiter links unter Einhaltung bestehender Regeln zu fahren, scheint es entweder nicht zu geben oder eventuell existierende Vorgaben werden schlichtweg ignoriert.

Gefühlt fährt jeder so wie er will. Riesige Trucks donnern gern auch mal in ohrenbetäubendem Lärm ganz links an mir vorbei und verbleiben dort gern auch für die ein oder andere Strunde während gern schnelle deutsche Autos oder Muscle Cars ganz recht vorbeibrausen und mit gut und gern 20 mph schneller als Speedlimit nur darauf hoffen können, dass sie dabei von keinem der oft am Straßenrand parkenden Polizisten in ihren Autos  gesehen werden. Es gibt zwar keine Blitzer, aber falls ein Cop sie erwischt, fahren sie ihnen mit ihren hochmotorisierten Streifenwagen und wild rotblau blinkender Beleuchtung hinterher und halten diese „Raser“ schneller als ihnen lieb ist an und bitten sie noch auf der Straße zur Kasse. Für uns als Mietwagenfahrer würde das bequem über die bei der Mietwagenfirma hinterlegte Kreditkarte abgewickelt, weshalb wir von solcherart Vergehen einfach absehen.

Tanken: Hier nicht ganz unkompliziert.

Wir fahren ab um zu tanken und um erstmals heute zu frühstücken. Ich bin fast an der Raststätte vorbeigefahren. Ich habe eine Ausfahrt von der linkesten Spur zu den Parkplätzen in der Mitte der Autobahnspuren, einfach nicht erwartet. Dem frühzeitigen Hinweis von Tanja verdanken wir es, dass wir ohne waghalsiges Manöver zur Tankstelle abfahren. Bis auf wenige Autobahn-Auffahrten und den freien Stellen nach den Mautstationen ist es kaum möglich unser Auto mal ein wenig Auslauf zu geben. Was sich beim Tanken deutlich zeigt. Nach über 400 km gefahrenen Kilometern zeigt die Tanknadel nur etwas weniger als halben Tank als Füllstand.

Die Kreditkartenzahlung an Tanstellen mit Karten von Non-Residentials ist ein recht ungewöhnlicher Vorgang: Ich gehe zur Kasse, nenne den Betrag, den ich vermutlich zahlen werde sowie die Nummer der Zapfsäule an der ich stehe. Ich gehe wieder zum Auto zurück und tanke, um danach wieder zurückzukommen, um meine dort verbliebene Kreditkarte wieder abzuholen. Der nicht fürs Tanken verwendete Betrag wird auf die Kreditkarte wieder zurückgebucht. Die Frau an der Kasse sagt was von 25 Dollar und bestätigt damit die Anzeige an der Zapfsäule. Ich möchte schon einen Luftsprung vor Freude machen, aber ich verzichte dann doch darauf und laufe mit der Bemühung höchst professionell zu wirken – als würde ich andauernd so tanken – zurück zum Auto.

Angekommen. Aber das Wetter ist nicht besser.

In Shop der Tankstelle gibt es nicht wirklich etwas, was wir uns unserem Körper als Frühstück zumuten möchten. Fast, denn im letzten Eck des unterdimensionierten Ladens finden wir dann einen Subway. Der vegetarische Sub verzichtet sogar komplett auf ein Veggie Patty, sondern ist Vollkornbrot mit Salat, Gemüse und Soße. Was ihn aber – wie sich gleich herausstellen wird –  nicht minder lecker schmecken lässt. Wir fahren weiter und kommen nach viereinhalb Stunden Fahrt und zwei heftigsten Platzregen auf dem halb überfluteten und gut gefüllten Parkplatz des Cape Canaveral Visitor Komplexes an. Das Dach des Mustangs ist wasserdicht, das wissen wir jetzt. Unsere Schuhe nach unserem Weg zum Eingang sind es nicht.

adie Gute Laune bleibt ungetrübt.

Es gibt kaum Betrieb an den Kassen. Wir können uns den ausgestellten Raketen im Rocket Garden leider nicht richtig widmen, da es bereits wieder in Strömen regnet, So flüchten wir uns unter das Dach der ersten Attraktion: Heroes and Legends. Es ist eine U.S. Astronaut Hall of Fame presented by Boeing mit innenliegendem 4D-Kino. Es geht um die Herausforderungen und Gefahren der ersten Space Missions und ist eine neben einem guten Film über das, was Menschen zu Helden des Weltraums macht, eine beeindruckende Präsentation dessen, was im multisensorischen Kino heute so möglich ist. Da wir erst gegen 12 Uhr angekommen sind und die Bustouren zu den Launch Pads und dem eigentlichen Kennedy Space Center mit etwa 2,5 Stunden angegeben sind müssen wir uns etwas beeilen. Schweren Herzens müssen wir nicht in den Genuss eines IMAX Films zum Hubble Space Telescope und einer Fahrt im Simulator des Exploration Space Centers verzichten. Aber heute interessiert uns vor allem die echte Welt. Wir sind ja schließlich nicht hier für Filme und Simulation Rides, wenn gleich nebenan echte Rakten starten und das echte Atlantis Space Shuttle ausgestellt wird.

Kettenglied eines Transport Crawlers.

Nach den obligatorischen Fotos vor dem Green Screen – für die man später engeltlich Abzüge von uns freigestellt vor seltsam künstlich Hintergründen kaufen kann – stellen wir uns für die Busfahrt über das Gelände an der Schlange an. In den USA ist es ganz wichtig die Reihenfolge einer Warteschlange – auch nicht aus Versehen – zu missachten. Da eine ganze Armada von Bussen im Einsatz ist, geht das mit dem Warten recht schnell. Es ist unglaublich bald darauf direkt vor dem Vehicle Assembly Building zu anzuhalten, welches mit 160,3 m das höchste Hallengebäude der Welt ist. Weiter geht es zu einem Crawler-Transporter. Es ist nach dem Tagebau Schaufelrad Bagger 293 in Hambach das zweitgrößte Fortbewegungsmittel weltweit. Der 40 x mal 34,7 mgroße Transporter wird von zwei 2750 PS starken Dieselmotoren betrieben 3,2 km/h oder voll beladen 1,6 km/h fahren. Eine Hydraulik hält eine transportierte Rakete auch dann in der vertikalen Position, wenn der Transporter die 5% Steigung zur Startrampe hinauffährt.

Launch Pad 39A.

Richtig beeindruckend wird es dann aber als wir Launchpad 39A besuchen. Von hier aus starteten also Neil Armstrong, Michael Collins und Buzz Aldrin am 21. Juli 1969 um 13:32 Uhr Richtung Mond, um Geschichte zu schreiben. Aber auch viele weitere bemannte Raumflüge und Saturn V Raketen der Apollo Missionen wie auch die Apollo 13 Mission starteten von hier. Der Start der Challenger erfolgte eine Startrampe weiter, dem Launchpad 39B, der leider nach einem Flug von 73 Sekunden im bekannten Desaster endete. Der Bus fährt weiter zum nahegelegenen Kennedy Space Center. Hier wird an der Decke eine Saturn 5 Rakete in Originalgröße (42m lang, 10m im Durchmesser) in den verschiedenen Stufen, wie sie nacheinander beim Start abbrennen, ausgestellt. Sie brachte insgesamt 24 Astronauten zum Mond, hatte fast 1,3 Millionen Liter Treibstoff und einen Spritverbrauch von 1,5 Tonnen pro Sekunde. Unfassbar beeindruckend, das dieses Ding mit mit 42t Nutzlast und Mach 1,5 Menschen ins Weltall schoss. Dabei blieb nur drei Prozent des Raketenvolumens für die Astronauten.

Wir zwei beide vor der Saturn V Rakete.

Wir essen etwas direkt unter diesem Ungetüm und können kaum glauben, was der Mensch hier zu Wege brachte. Danach schauen wir ins die Ausstellung an und berühren sogar einmal echtes Mondgestein. Man könnte hier aufgrund der Masse an Informationen ewig verbleiben. Schließlich werden wir aber aufgefordert mit dem Bus wieder zum Visitor Komplex zurückzufahren. Dort wird es nochmals sehr  imposant, als wir direkt vor der Atlantis stehen. Sie flog 194 Millionen Kilometer in 32 Missionen und flog dabei über 28000 km/h schnell bevor sie jetzt hier direkt vor unseren Augen schwebt. Die Ausstellung zu Atlantis ist so groß und neben der Raumfähre selbst vollgepackt mit Informationen, dass man schon hier locker einen ganzen Tag verbringen kann. Jeder der das kennedy Space Center besuchen wird, darf sich die Atlantis nicht entgehen lassen.

Tanja und ich freuen uns schon auf die Rückfahrt.

Es ist 19 Uhr und das Besucherzentrum schließt. Es war eine gute Entscheidung heute hierher zu kommen, auch wenn auch hier außerhalb der Hallen zwischenzeitlich ein heftiger Regensturm tobte. Auf der vierstündigen Heimfahrt nach Miami wurde ich zwar einmal von Müdigkeit gepackt, der ich mit Pause und iced Coffee Shots aber gut begegnen konnte. Totmüse fallen wir in Miami ins Bett des Hotelzimmers. Heute gilt es in unseren Träumen zum Tag viel zu verarbeiten.

Andreas

Wow 5 Wochen!!! Nach der Hochzeitsreise von Tanja und mir vor drei Jahren in Neuseeland dachten wir eigentlich, dass wir nicht wieder die Gelegenheit bekommen würde nochmal ähnlich lange am Stück auf Reisen zu gehen. Doch sie kam erneut und wir werden sie nutzen, um die Ost- und Westküste der USA sowie Hawaii zu besuchen. Es lässt sich kaum beschreiben, wie sehr wir uns darauf freuen.

Share
Published by
Andreas

Recent Posts

Wie ein Vogel über dem Canyon

Wir haben richtig gut geschlafen, das ist offensichtlich. Normalerweise sind wir nämlich schon deutlich vor…

7 Jahren ago

Von der Wüste in den Schnee

Angenehm warmes Licht fällt durch die Ritzen der Verdunklungs-Vorhänge. Es ist schönes irgendwie anderes Licht,…

7 Jahren ago

…zum einarmigen Banditen!

Ich erkenne Licht durch die Blätter unseren gestern geschaffenen Wäschewalds. Das heißt ein neuer Tag…

7 Jahren ago

Durch das Tal des Todes…

Heute reisen wir ab. Wieder einmal. Nur diesmal fliegen wir nicht, sondern bleiben bei der…

7 Jahren ago

The Warner Brothers give us a ride

Gestern waren wir bei den Universal Studios. Heute geht es zu den Warner Studios. Schon…

7 Jahren ago

Auf der Flucht vor Norman Bates und anderen Untoten

So ein neuer Tag, ein neuer Park... bzw. eigentlich sogar ein alter, denn heute geht…

7 Jahren ago