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Zu den Stars von Hollywood

Bett in USA-üblicher Höhe

„Ich will nochmal!“ möchte ich rufen als ich am nächsten Morgen so langsam von der morgendlichen Ich-will-aber-noch-nicht-Quengelphase in die Ach-ja-wir-haben-ja-Urlaub-und-der-Tag wird-bestimmt-Spitze-Phase übergehe. Ich schraube mich aus dem Bett, was bei dieser Betthöhe einfach so herrlich einfach ist. Verena meinte schon, dass die US-Amerikaner nicht so recht verstehen, warum wir Europäer so niedrige Betten haben. So langsam verstehe ich das auch nicht mehr. Ich setze einen Fuß auf den Boden und schließe somit Kontakt mit dem Erdelement, welches meinen Körper sofort mit Energie zu versorgen scheint. So könnte ich mich tatsächlich erneut in eine Achterbahn setzen – ich meine natürlich nach einem Gang ins Bad und Klamotten am Körper. Die Wahl des Universal Parks gestern fiel erneut nicht leicht, denn von diesen gibt es wiederum zwei. Wir entschieden uns aber für den klassischen Universal Studio Park und gegen die Islands pf Adventure und haben die Wahl nicht bereut. Doch leider fehlt es auch diesem Park an etwas Entscheidenden: Den eigentlich namengebenden Studios. Um diese zu sehen müssen wir natürlich an einen Ort: Hollywood.

Da wir es gestern trotz aller Müdigkeit noch geschafft haben unseren Koffer soweit es ging zu packen sind wir relativ zügig abfahrbereit. Frühstücken wollen wir am Flughafen in Orlando. Also verlassen wir das Hotel und ich ertappe mich schon fast wieder dabei ein Taxi zu rufen. Tanja hält mich kurz davor jedoch davon ab: „Wir haben doch ein Auto!“. Stimmt und was für eins. Also fahren wir mit unseren Koffern vergnügt eine Kurve in Richtung Parkdeck. Die Fahrt zum Flughafen geht schnell. Es ist nicht sonderlich viel Verkehr auf den Straßen. Da wir eine Wagenmiete mit Voll-Voll-Regelung haben, wollen wir kurz vor seiner Abgabe unseren Mustang noch zur Tränke führen. Was jedoch nicht klappt, da kurz vor der Ankunft am Airport sich wohl jede Tankstelle ganz hinterlistig aus dem Staub gemacht zu haben scheint. Also nehmen wir ein paar Dollar mehr in Kauf und geben unser in den letzten Tagen richtig liebgewonnenes Wildpferd wieder ab.

Der Flughafen in Orlando.

Der Flughafen Orlando scheint gleichzeitig ein Hotel zu sein. Während wir in einem riesigen Innenhof mit unserem Gepäck zum Frühstück bei Starbucks rollen, sehen wir über uns und viele Stockwerke hinauf die Eingangstüren zu besagten Hotelzimmern. Das nenne ich mal zentral gelegen… vielleicht geht es nach einer Übernachtung hier mit dem Aufzug vom Zimmer direkt zum Gate des Weiterflugs. Irgendsoeine Business-Tussi beschwert sich zweimal über die Qualität ihres megagroßen Karamel Kaffees bevor sie den zweiten für sie gemachten Becher zeternd in den Müll kippt. Der erste ging zur Prüfung was falsch lief zurück in die Küche mit dem Ergebnis, dass er so schmeckt wie er soll. Wir haben Zeit und uns schmeckt alles bestens.

Wieder geht es durch den Sicherheitscheck. Eine halbe Stunde vor Abflug sind wir am Gate. Am Vorabend Check-In war es nicht mehr möglich, einen Platz zusammen und nebeneinander zu bekommen. Wir wurden zwar in dieselbe Reihe gesetzt, aber jeweils auf den Mittenplatz. Das ist der Grund, warum ich mich nich wirklich auf den Weiterflug freue. Jeder Versuch am Ticket Counter etwas am Sitzplatz zu ändern schlägt fehl. Es wäre ein full-full Flight, weswegen auch immer wieder dazu aufgerufen wird, Handgepäck einzuchecken. Glücklicherweise aber nur die mit Rollen, denn damit sind Tanja und ich raus. Wir fliegen nämlich mit Rucksäcken als Handgepäck. Während wir im Pinguinmarsch durch den Mittelgang der Maschine wackeln bereite ich mich menthal auf mein bevorstehendes Schicksal vor. Mal sehen, ob es mir gelingt, meine Beine irgendwo dorthin zu klappen wo Platz ist. Doch plötzlich springt ein Herr auf und es kommt alles ganz anders.

Der Mann, der eigentlich neben Tanja am Gang sitzen würde sagt, dass er die Strecke Orlando – Los Angeles jede Woche fliegt. Er bietet mir seinen Platz im Tausch zu meinen Mittelplatz bereitwillig an ohne irgendeine Gegenleistung zu fordern. Er meint als er sah, dass wir zusammengehören, ich so groß bin und wir dennoch nicht zusammensitzen wollte er uns einfach für den über 5-stündigen Flug eine Freude machen. Ich kann es kaum fassen, dass das gerade passiert und möchte die versteckte Kamera suchen. Niemals könnte ich mir vorstellen, dass mir ein Deutscher ein gleiches Angebot in dieser Situation gemacht hätte. Ich nehme sein Angebot mehrmals dankend an und freue mich, dass ich ihn wenigstens zum Dank auf ein Thunfisch-Sandwich einladen darf. Irgendwie klappt bisher einfach alles und das was zuvor so wirkte, als könne es ein Problem geben, löst sich einfach auf. Der Flug selbst ist sehr ruhig und wir fliegen schneller als ursprünglich geplant. Deswegen mussten wir auch etwas später losfliegen, weil es in Los Angeles extrem viel Flugverkehr und sehr wenig Parkraum für Flugzeuge gibt. Tanja schaut „Vom Winde verweht!“, weil sie diesen Klassiker noch nie gesehen hat, während ich wieder ein wenig für unseren Blog schreibe.

Unser Dodge Kompakt-SUV.

Als wir ankommen, war Tanja mit dem Film nocht nicht ganz fertig. Beim Ausstieg verabschiede ich mich noch kurz von dem netten Herren, der mir meinen Sitzplatz schenkte und wir gehen anschließend zur Kofferausgabe. Anders als zum Beispiel in Frankfurt geht das außergewöhnlich schnell. In Rekordzeit von einer Viertelstunde hat jeder Fluggast sein Gepäck. Nun ziehen wir wieder unsere Ungetüme von Koffern hinter uns her. Auch das Aussuchen eines Mittelklasse SUVs geht hier extrem entspannt vonstatten. Wir können jedes Auto der gebuchten Kategorie wählen, welches uns gefällt. Die Schlüssel liegen im Auto. Da auf dem Parkplatz genauso schnell neue Wagen eingefahren, wie sie dort von Ankömmlingen wieder ausgefahren werden brauchen wir nur warten, bis etwas Schönes eintrifft. Kurz darauf fährt unsere Wahl auf den Parkplatz. Es ist ein Dodge mit 7 Sitzen + Kofferraum. Unser Gepäck zu verstauen geht somit zügig vonstatten. Bei der Ausfahrt wird noch ein Barcode auf der Windschutzscheibe eingescannt und wir fahren Richtung Beverly Hills zu unserer Unterkunft.

Von der Silver Box nach LA durch die Beverly Hills.

Die Fahrt zur Silver Box, so heißt die Privat Unterkunft, in der wir die nächsten Tage wohnen dürfen, ist kurz. Plötzlich werden die Straßensäumenden Palmen immer höher, die Häuser immer größer und prunkvoller und in hren Auffahrten zu den Eingangsportalen stehen Autos, wie man sie sonst vermutlich nur im Genfer Autosalon sieht: Ganz klar, wir sind in Beverly Hills. An der silbernen Box angekommen werden wir von Gregor empfangen. Er ist etwa Anfang 30 und der Sohn von Marleen und Reinhard Hesse – beides Architekten. Da er sich mit seinen Eltern auch nicht in englisch unterhält bekommen wir von ihm eine Führung durch die Gästwohnung in nahezu akzentfreiem deutsch. Uns gefällt die kleine Wohnung. Nachdem Gregor uns zwei Wohnungsschlüssel übergeben hat räumen wir erst mal unsere Sachen aus dem Auto. Wir parken nicht weit weg von einer Straße mit einer Schrank zu einer Private Road. Ich lasse dabei meinen Spekulationen wer hier leben könnte freien Lauf. Allein sich hier aufzuhalten oder gar zu wohnen fühlt sich irgendwie mondän und privilegiert an. Das Haus selbst haben die Hesses selbst gebaut und es sieht irgendwie ungewöhnlich, fast schon ein extravagant aus. Aber zumindest vermittelt es allein schon durch seine vergleichsweise überschaubare Größe nicht das Gefühl, dass wir eigentlich mit einem Bentley hätten vorfahren müssen.

Die Hollywood Familien Chronik.

Kurze Zeit später besucht uns Marleen. Wie wir später ausrechnen müsste sie in etwa 70 Jahre alt sein und hat immer noch eine Topfigur, wie sie zu Hollywood passt. Sie ist nett und herzlich und trotzdem merkt man ihr an, dass sie, ob gewollt oder ingewollt, etwas High Society mäßiges an sich hat. Als sie nach der Wiedervereinigung nach Los Angeles kamen war es aus ihrer Sicht möglich, hier noch mitzugestalten. Sie erkannten Potential für Architekten in dieser Stadt. Doch obwohl sie und insbesondere ihr Mann bedeutsame Gebaüde und Hochhäuser in Deutschland (z.B. für die Expo) und anderswo planten, bauten sie in LA hauptsächlich ihr eigenes Heim. Marleen spricht wie ein Wasserfall. Sie erzählt dabei von ihrer Familiengeschichte, dass sie drei Kinder hat und dass diese alle mehrsprachig ausgebildet wurden. Sie haben alle eine Schauspielschule besucht. Gregor durfte in ‚Schatten der Vergangenheit‘ mit Emma Thompson und Robin Williams einen Mörder spielen. Ihre Tochter Liane wurde in Deutschland zeitweise recht bekannt als das Mädchen Penny in einer Produktion namens Florida Lady mit Helmut Zierl. Zu ihrem dritten Sohn Balduin erzählt sie nicht mehr so viel, aber zu Weltruhm hat es leider für sie alle nicht gereicht und heute führen sie ein recht bodenständigeres Leben. Marleen bringt später nicht ganz ohne Stolz einen Ordner mit Bildern und Zeitungsausschnitten zum Durchblättern vorbei. Sofort wird klar, sämtliche Hotel-Anonymität ist verschwunden. Tanja und mir macht es Spaß, Marleen zuzuhören und ein wenig Luft der Stars zu schnuppern. Reinhard besuche ich später auch kurz in seinem Architektenbüro, um mit ihm ein wenig zur Begrüßung zu plaudern.

Wir sehen zwar nicht viel. Trotzdem cool!

Marleen gibt uns noch ein paar Tipps, wo wir gut einkaufen können. Falls wir das vorhätten sollen wir am besten zu Pavillions fahren, einem nahegelegenen Supermarkt mit bezahlbaren Preisen. Für die Familie Hesse oder für uns? Doch wie sich später herausstellt, sind diese tatsächlich leicht nur leicht über REWE-Niveau. Wir wollen diesen Tipp gerne annehmen, sollten uns laut Marleen aber beeilen. Heute Abend ist Oscar Verleihung im nicht weit entfernten Dolby Theatre und sie weiss nicht bis wohin die Straßen abgesperrt werden. Also verabschieden wir uns und machen uns auf den Weg. Zu Pavillons gelangen wir spielend. Keine Spur von Absperrungen oder übermäßigen Verkehr. Doch nach unserem Einkauf wollen wir es wissen. Wir fahren in Richtung Dolby Theatre. Es gelingt uns sogar in einem Parkhaus in der Nähe zu parken und laufen um den Block zum Hollywood Boulevard. Kurz davor müssen wir eine durch eine Pokizeikontrolle und stehen dann vor einem Absperrzaun. mit Blick auf das Theatre.

Tanja vor Charlie Chaplins Stern.

Was wir sehen ist nicht sonderlich glamourös. Aber immerhin können wir die Original Oscar Statuen und den auf der Straße liegenden roten Teppich erkennen. Die Show ist schon längst im Gange. Dass hier heute Abend nach fast 90 Jahren erstmals in der Geschichte der Oscars der Umschlag zur wichtigsten Gewinner-Kategorie des Best Pictures vertauscht werden wird, wissen wir noch nicht. Wir stehen dabei auf einem Teilstück des Walk of Fames. Leider wird es uns nicht möglich sein, diesen in kompletter Lönge entlangzulaufen, weil der famose Walk während unseres gesamten Aufenthalts in LA aufgrund der Oscarverleihung gesperrt sein wird. Charlie Chaplins Stern finden wir trotzdem durch Zufaall. Also fahren wir zurück nach Beverly Hills. Kaum sind wir wieder in der Silver Box angekommen, entschließen wir uns für ein Abendessen auf der Couch während wir die Oscarverleihung im Fernsehen verfolgen. Bis zum Ende der Show halten wir aber nicht durch. Müdigkeit lässt uns vorher ins Bett fallen. In diesem Schlafzimmer wortwörtlich gemeint. Deutsche Wurzeln der Familie Hesse werden nämlich sofort spürbar, da die Betten plötzlich wieder so ungewohnt niedrig sind. Der sofort einsetzenden Nachtruhe tut dies aber nicht den geringsten Abbruch.

Andreas

Wow 5 Wochen!!! Nach der Hochzeitsreise von Tanja und mir vor drei Jahren in Neuseeland dachten wir eigentlich, dass wir nicht wieder die Gelegenheit bekommen würde nochmal ähnlich lange am Stück auf Reisen zu gehen. Doch sie kam erneut und wir werden sie nutzen, um die Ost- und Westküste der USA sowie Hawaii zu besuchen. Es lässt sich kaum beschreiben, wie sehr wir uns darauf freuen.

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Andreas

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