Categories: New York

Also doch: 40 Grad in New York.

Meine Augen gehen auf und… ohh ja, so fühlt es sich an, wieder ausgeschlafen zu sein. Jedwede Müdigkeit ist verschwunden: Ein schönes Gefühl. Unser Zimmer sollte dunkel sein, denn es hat ja eigentlich eigens dafür vorgesehene Vorhänge. Dunkel ist es aber nicht. Ein deutliches Indiz dafür befindet sich auf Tanjas Augen und nennt sich Schlafmaske. Diverse Spalten um den Vorhang lassen den Zweck des Vorhangs etwas absurd erscheinen. Darüberhinaus sorgt ein hübsches kleines Mäusekino aus verschiedenfarbenen Standby-Lämpchen für ein angenehmes flaues Licht in unserem gar nicht mal so kleinen Hotelzimmer im Club Quarters Hotel, direkt am 9/11- Tribute Center.

Verregnete Aussicht aus dem Hotelfenster.

Das Zimmer ist im dritten Stockwerk und der Blick aus dem Fenster zeigt – als ich den Vorhang beseite schiebe – nicht die Aussicht der booking.com Seiten, sondern eine vom Schneeregen begossene Baustelle. Diese vermag ich aber, zumindest solange das Fenster ungeöffnet bleibt, nicht zu hören. Ich leg mich wieder hin… so früh aufzustehen erscheint im Urlaub sowieso irgendwie unangebracht. Das mit der Baustelle ist nicht so schlimm; in unserer Häuserschlucht zieht es den Blick ohnehin sofort nach oben. Ich sehe ein altes Haus, welches ich mit seinen 12 Stockwerken in direkter Nachbarschaft wesentlich größerer Gebäudegeschwister kaum mehr als hohes Haus oder gar Hochhaus bezeichnen würde. Es steht im direkten Kontrast zu eben diesen, die jenes bräunliche Gebäude so mickrig erscheinen lassen: Armes Ding! In einem der beiden großen an den Wolken kratzenden Glasfassaden spiegeln sich wiederum andere in den Himmel ragende Bauwerke. Das obere Ende der beiden gegenüberliegenden Imposanzen ist aus unserem Hotelfenster nicht einmal zu sehen. Nun geht es mir so wie wahrscheinlich vielen vor mir auch, die zum ersten Mal diese Stadt besucht haben. Ich höre mich innerlich sagen: Wow, wir sind in New York!

Es tut gut die nächsten Minuten bis Tanja erwachen wird, einfach nur da zu liegen und die Gedanken schweifen zu lassen. Jetzt beginnt die Zeit des Zwar-früh-aufstehen-könnens aber nicht Früh-aufstehen-müssens. Jeder Urlaubende weiß sofort um den so entscheidenden Unterschied. Die letzten Tage vor unserem Urlaub waren für Tanja und mich in jeglicher Hinsicht anstrengend: Viel gearbeitet und dabei so gut wie überhaupt nicht zur Ruhe gekommen. Bis zur allerletzten Sekunde schien unsere ToDo-Liste eine hinterlistige Beweisführung gegen uns führen zu wollen, dass nur weil Dinge von ihr erledigt werden, sie dennoch dazu imstande ist länger statt kürzer zu werden. Kurz bevor es los ging beschlossen wir sie einfach zu ignorieren und ließen uns einfach mal vom Taxi zu Flughafen bringen. Auf das Gerenne vom letzten Flug hatten wir einfach keine Lust: So sollte unser Urlaub nicht beginnen.

Gesagt, gefahrn. Wir waren am Flughafen und passierten sämtliche Kontrollen… liefen hin und her. Kurz bevor wir unsere A340-600 für 8 Stunden bevölkern sollten stellten wir fest, dass trotz der 3 Stunden, die wir vor Boarding am Flughafen sein sollten, gar nicht mehr so viel Zeit blieb, um sich langweilen zu können. Die Lufthansa Premium Eco zauberte bei mir beim Anblick gleich ein Lächeln aufs Gesicht: Höhenverstellbare Kopfstützen und wesentlich mehr Beinfreiheit erlaubten es, meine 2 Meter erheblich mehr ausklappen zu können, als es sonst der Fall ist. Schlafen konnte ich zwar dennoch nicht, obwohl die nachmittägliche Uhrzeit bei dem Schlafmangel der letzten Zeit hier kein Hindernis gewesen wäre. Ich konnte aber von Zeit zu Zeit äußerst angenehm dösen. Tanja beschäftigte sich mit dem Bord-Entertainment-Programm… ich empfand es irgendwie mal ganz angenehm, mich audiovisueller Unterhaltung zu verweigern… Gut 2 Stunden vor der Landung schaltete ich mich doch noch in den Film „Before the Flood“ von und mit Leo DiCaprio dazu. Zur Einstimmung einen Film über den Klimawandel zu schauen entbehrte nicht einer gewissen Ironie; wurde er doch vom Staatsoberhaupt dieses Landes lang genug konsequent bestritten.

Jarvis‘ fahrende Sauna: Unserer war aber schmutziger.

Wir kamen an am: John F. Kennedy Airport – Terminal 1, eine viertel Stunde früher als geplant. Die Kontrollen gingen vergleichsweise fix. Was man von der Transferfahrt des NYC-Airportes nicht behaupten kann: Knappe 2 Stunden dauerte die Fahrt in diesem Gefährt, welches anders aussah als auf dem Promobild. Es musste sich wohl seit Ewigkeiten dem Komfort einer Waschung entziehen. Einfacher Regen schien einer resistenten Schmutz-Kruste aus Staub zumindest nichts mehr anhaben zu können. Jarvis stellte sich äußerst höflich bei seinen Passagieren vor. Mit dem Start des Motors dröhnte Hiphop Musik aus den Lautsprechern und wir tuckerten eine dreiviertel Stunde von einer Airport Station zur anderen ohne je das Flughafengelände verlassen zu haben. Dann waren wir voll, also nicht wir sondern der mehr als in die Jahre gekommener Bus, der aber noch immer in der Lage war Verkehrsteilnehmer durch Jarvis frech aus dem Weg zu hupen.

Eingepflanzt im immer heisser werdenden Bus.

Dann passierte es. Kurz nachdem ich feststellte, dass es in New York in der Nähe einen Statdtteil namens Jamaica gibt wurde es auch so warm wie dort. Sagte ich warm? Ich meinte 40 Grad heiss! Mindestens! Nicht dass es ausgereicht hätte, dass der Bus komplett voll war, Tanja und ich uns in viel zu engen Ledersitzreihen mitsamt Reisegepäck hineingequetscht hatten und dann noch im Stau vorm Queens Midtown Tunnel standen. Nein jetzt kam auch noch diese unsägliche Hitze dazu. Normalerweise korreliert bei Tanja und mir eine steigende Temperatur mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit, dass uns an Bord von Transportgeräten schlecht wird. Wahrscheinlich war es die Müdigkeit, die das an diesem Abend zu verhindern wusste. Als wir an der Grand Central Station die Koffer wieder in Empfang nahm gab ich Jarvis dennoch sein wohlverdientes Trinkgeld, immerhin musste es er für jeden Gast schweres Gepäck rückenschädlich in und aus dem Gepäckraum hiefen. Von mir erhielt er es jedoch eher dafür, dass er uns aus seiner Bus-Sauna entließ und aus Dankbarkeit, dass meine Hosenbeine neben der Heizung am Busboden kein Feuer fingen.

Tanja und ich machten uns auf den Weg zum Hotel, zwar nicht so richtig zielgerichtet aber letztlich machten wir die richtigen Subway Linien aus. Wir ließen uns uns immer mal wieder zwischendurch von netten New Yorkern beraten (sofern das möglich war, denn englisch war das nicht immer was wir da zu hören bekamen) und irrten so in Richtung Hotel. Es waren es die U-Bahn Katakomben (gibts hier eigentlich echt keine Aufzüge?) dann die noch mit Schneematsch des vorgestrigen Blizzards gesäumten Straßen, die uns letztlich ins Foyer unseres Hotels geleiteten.

Hier wurden wir kurz instruiert, wie wir völlig automatisiert an unsere Zimmerschlüssel kämen bevor uns der Lift auf unsere Etage bugsierte. Wir ließen mehr oder minder alles stehen und liegen bevor wir uns in unser Bett fielen ließen und in 11-stündigen Schlaf einschlummerten.

Frühstück ist da, der Tag kann beginnen.

„Hunger!?“ sagts von links, was heißt Tanja ist auch ins wache Leben zurückgekehrt. Keine Lust aufzustehen beschlossen wir per Room Service Frühstück vom George’s in New York Downtown bringen zu lassen.Wir bekommen die verheißungsvolle Tüte und breiten die landestypischen Kostbarkeiten auf unserer Bettdecke aus. Der Tag kann beginnen.

Andreas

Wow 5 Wochen!!! Nach der Hochzeitsreise von Tanja und mir vor drei Jahren in Neuseeland dachten wir eigentlich, dass wir nicht wieder die Gelegenheit bekommen würde nochmal ähnlich lange am Stück auf Reisen zu gehen. Doch sie kam erneut und wir werden sie nutzen, um die Ost- und Westküste der USA sowie Hawaii zu besuchen. Es lässt sich kaum beschreiben, wie sehr wir uns darauf freuen.

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Andreas

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