Nicht nur Trump besucht Charleston
Der fröhliche Kuckucks-Ruf einer entsprechenden Uhr an der Wand ist das erste was ich an diesem Morgen vernehme. Verena hat sie Robert vor einigen Jahren geschenkt, weil er sich so sehr eine gewünscht hatte. Geweckt wurden wir jedoch schon vorher durch unseren Handy-Wecker. Denn heute möchten wir die Boone Hall Plantation besuchen. Und falls sich jemand an eine sehr erfolgreiche Fernsehserie der 80er Jahren erinnern sollte weiß dieser sofort um welche Plantage und Hausaußenfassaden es sich bei dieser Plantage handelt. Es sind die der Fernsehserie „Fackeln im Sturm“.
Als wir schließlich aufstehen erzählt uns Verena in ihrer riesigen Wohnküche, dass der Besuch von Boone Hall heute leider nicht möglich sein wird. Zum einen ergab ein Check im Internet, dass bereits alle Führungen ausgebucht sind und dazu ist die kleine Vivien wohl krank geworden. Sie hatte in der Nacht Schmerzen bekommen und fand erst mit Medikamenten wieder zu ihrem Schlaf. Aber wir sind ja flexibel und entschließen uns bei Toast mit Erdnussbutter während des Frühstücks einfach auf einen Besuch des alten Charleston, worauf Tanja und ich uns bei diesem herrlich sonnigen Wetter nicht minder freuen. Wir verabschieden Robert, der zur Arbeit muss und wir fahren gemeinsam in die Stadt.
Dort angekommen geht es mit entsprechenden Audiokommentar von Verena durch reizvolle Straßen der Stadt. Sofort offenbart sich Tanja und mir gemütliches Südstaaten-Flair mit Häusern, dir wir so höchstens aus dem Freizeitpark kennen. Sie hier in Wirklichkeit in Gemeinschaft nicht weniger eindrucksvoller alter Bäume zu sehen ist einfach klasse. Verena zirkelt gekonnt ihr Auto auf höhere Ebenen eines Parkhauses hinauf, verweist aber gleichzeitig auf riesige andere hier parkende Trucks, die dem Können ihrer Fahrer noch so einiges mehr abverlangen würden. Ein hier parkender Mercedes Geländewagen sieht hier neben seinen amerikanischen Geschwistern tatsächlich richtig mickrig aus. Kurz bevor ich aussteige lese ich in den News auf dem Smartphonein, dass US-Präsident Trump heute wohl zeitgleich mit uns zu Besuch in Charleston ist, wovon wir jetzt und später aber nichts bemerken werden.
Nachdem wir geparkt haben laufen wir zum Wasser mit gutem Blick auf die USS Yorktown. Sie ist ein Flugzeugträger und wurde im zweiten Weltkrieg auch die Fighting Lady genannt. Sie war maßgeblich an der Schlacht um die Marshall- und Marianen-Inseln beteiligt und ihre Flugzeuge flogen auch Einsätze im Vietnamkrieg. Nun liegt sie hier friedlich als Museumsschiff im Hafen von Charleston. Wir laufen weiter zum Battery Park, ganz entspannt und ohne irgendein Timing oder Zeitplan. Ja, das ist Urlaub in seiner schönsten Form. Wir laufen an den bunten Häusern der Rainbow Street vorbei und an Gebäuden, die sich gegenseitig in ihrer Schönheit zu übertreffen versuchen. Natürlich spukt es in diesen Häusern, wie an so vielen Orten in dieser Stadt. Nur die Häuser mit hellblau gestrichene Türen und Decken verwehren den Geistern den Eintritt ins Gebäudeinnere. „Geh mal in diese Bank und schau dort einmal die Treppe hinunter!“, sagt Verena zu mir. Natürlich mache ich das auch sofort, um zu sehen was es dort wohl zu sehen geben möge: Es ist ein Tresorraum, wie man ihn nur aus Filmen amerikanischer Großproduktionen kennt. Kaum zu glauben, solche Räume gibt es ja wirklich. Wir folgen dem Tipp von Verena und essen in der Nähe total leckere Wraps mit Black Beans, Humus und Gemüse. Ich glaube ich habe noch nie zuvor besser schmeckende Wraps gegessen. Eine leckere Pause, die Vivien im Kinderwagen nutzen konnte, sich ein wenig gesundzuschlafen. Genau in dem Moment als es beginnt im gemütlichen Hinterhof der Wrapbar kühl zu werden machen wir uns wieder auf, um in wärmende Sonne zu treten.
Wir folgen einem einladenden Schild an der Straße, dass Besuch willkommen sei, direkt ins Foyer des Dock Street Theatres und treffen dort auf eine ältere Dame am Eingang, die uns willkommen heißt und uns freundlich darüber informiert, was es in diesem Theater so zu sehen und zu erkunden gibt. Wir kommen in den ersten Raum mit vielen Bildern an der Wand. Er wirkt auf mich wie auch das Eingansfoyer überhaupt nicht alt, sondern eher edel und ehrwürdig, weil er bereits so viele Menschen vor uns und Künstler auf dem Weg zur Kleinkunstbühne hat begrüßen dürfen. Dann treffen wir Richard. Wie sich später herausstellt ist dieser ein Mann der eine Liebe für dieses Gebäude und innenliegender Bühne aufbringt, die der zu seiner Frau – der Dame die uns empfing – wohl kaum nachstehen dürfte. Noch dazu besitzt er eine echte Passion für das was hier aufgeführt wird.
Richard nimmt uns mit auf die oberen Ränge mit direktem Blick auf die leerstehende Bühne, welche mich an die des Films Shakespeare in Love erinnert. Er erzählt so viel zur Raumakustik, zur Geschichte des Hauses, zu Künstlern die hier auftraten und lässt unsere Allgemeinbildung dabei ganz schnell richtig alt aussehen. Er ist aber so begeistert von all dem zu erzählen, dass er uns unser Nichtwissen überhaupt nicht krumm nimmt. Er bedankt sich vielmehr für unseren Entschluss, das Theater zu besuchen und würde sich freuen uns in der Vorstellung des Abends „Peter and the Starcatcher“ begrüßen zu dürfen. Es ist ein Prequel von Peter Pan auf seinem Weg nach Neverland. Da Vivien gesundheitlich aber noch recht angeschlagen ist müssen wir das Angebot für die letzten Plätze der Vorstellung leider ausschlagen. Trotzdem war der Besuch von America’s first Theatre ein echtes Highlight für uns alle, was insbesondere an der Hingabe Richards und seinen Ausführungen lag.
Wir laufen zurück zum Ausgangspunkt unseres Spaziergang. Wir hatten richtig Spaß dort auf einer Art Hollywood Schaukel zu schaukeln. Noch viel mehr Spaß machte es mir allerdings Vivien dabei die ganze Zeit über zu kitzeln, woraufhin sie vernügt herumquiekte. Tanja und ich liefen wie ein Pinguin wackelnd zurück zum Auto um Vivien dann dabei zuzusehen, wie sie versuchte, es uns gleichzutun. Sehr lustig. Auf dem Weg zurück spürte ich deutlich, welch tollen Eindruck diese Stadt auf mich gerade hinterlässt und ich glaube Tanja geht es ähnlich.
Zuhause angekommen stelle ich bei Ofenkartoffel mit Sour Cream fest, dass die geschenkten Buntstifte durch die Hand von Robert und Vivien schon ein beachtliches Kunstwerk an die Tür zur Terrasse gemalt haben, sowie einen Strich auf einen der Stuhl-Sitzbezüge, die sich hoffentlich waschen lassen. Verena hat glaub ich noch jede Menge zu tun, weil sie diese Nacht noch Besuch von ihrer Schwiegermutter sowie vier ihrer Freundinnen bekommen wird, die am nächsten Morgen eine Kreuzfahrt mit dem Start in Charleston antreten werden. Unglaublich was sie alles parallel macht und es dabei schafft, dabei völlig entspannt zu bleiben. So richtig behilflich sein können wir ihr bei ihren Vorbereitungen jedoch leider nicht und so gehen wir mit vielen schönen Eindrücken vom Tag ins Bett.
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